Juni 2015
FIFA oder die Reputation einer alten Blechdose
Kommentar zur Reputation der FIFA
Eine alte Dose, eine Tasche, eine Jacke, das genügt. OK, ein Ball als Ersatz für die Dose wäre nicht schlecht und ist meist schnell zur Hand. Und auch fürs zweite Tor finden sich rasch eine leere Sprudelflasche und ein abgebrochener Ast, der in den Boden gesteckt wird. Dann aber kann das Spiel losgehen, denn Mitspieler kommen wie selbstverständlich zusammen. Und eines fehlt ihnen auf keinen Fall: Die FIFA. Und das gilt weltweit, bis in die entlegensten Winkel. Fußball entwickelt überall auf dem Globus seine Faszination, ohne dass es eine Organisation braucht. Fußball hat seine eigene Struktur. Die Basis macht’s. Und ihr genügt im Zweifel das oben beschriebene Minimum aus Ballbehelf und Pfostenersatz.
So gesehen ist das Wirtschaftsimperium Fußball tatsächlich in einer ganz anderen Liga angesiedelt. Hier gelten andere Regeln. Und wie weit diese von der Realität des echten Spiels und der unverfälschten Begeisterung der Spieler und Fans entfernt ist, haben die letzten Wochen eindrucksvoll bewiesen. Der weltweite Fußballverband hat offensichtlich nach Regeln gespielt, die nur schwer oder gar nicht verständlich sind: Aus einem Mannschaftsspiel haben die Funktionäre ein Einzel gemacht, haben ein Spiel angestoßen, bei dem es nur noch um Gewinn und nicht ums Gewinnen geht. Das Resultat: Eigentor folgt auf Eigentor.
All das wundert nicht und im Grunde hat es auch niemand anders erwartet: Wo immer ein Spiel zum Geschäft wird, gibt es auch Geschäftemacher mit Gewinninteressen, angefangen beim illegalen Glücksspiel über legale Formen schnellen Reichtums bis zum Sport. Irgendwie hat jeder vermutet, dass zumindest der ein oder andere im Verband in die eigene Tasche wirtschaftet. Egal wie. Das Erstaunliche ist aber, dass der ganze Reputationsverlust am eigentlichen Spiel vorbeigeht. Ob wir nun selbst gegen einen Ball treten oder es einfach lieben, zuzuschauen und mitzujubeln, den Spaß lassen wir uns nicht durch eine Dachorganisation vermiesen, die ihren guten Ruf schon lange verspielt hat.
Diese simple Tatsache lehrt zweierlei: Man kann nur etwas verlieren, was man besitzt, das gilt auch für Reputation. Dass sich das Entsetzen und die Enttäuschung der internationalen Fangemeinde in Grenzen halten, ist für die FIFA also ein schlechtes Zeichen und nicht etwa die Chance für einen Neubeginn. So wie jeder schon vermutet hat, dass Fußball im Hintergrund auch ein dreckiges Geschäft ist, glaubt eh keiner daran, dass da ernsthaft etwas zu retten ist. Diese Lehre ist bitter.
Die andere Lehre aber ist süß: Wir lassen nicht einfach verkaufen, was wir lieben. Denn das Geschäft mit dem Fußball wurde im besten Sinn des Wortes ohne uns gemacht. Die Reputation des Breitensports liegt nicht in den Händen der Verbände und Funktionäre, sondern in denen der Akteure und Fans. Wenn wir jubeln oder trauern, Siege feiern oder uns aufregen, Spiele besuchen oder selber spielen, lebt der gute Ruf des Fußballs authentisch auf. Und dazu braucht es nicht mehr als einen Ball und ein Tor: Pars pro Toto. So ist eine Blechdose mitunter mehr wert als ein ganzer Verband.
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